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Die Chronik von Tales of Tamar

Jahr 285

Seid gegruesst, edle Damen und Herren!

Zuerst möchte ich in diesem Chronikeintrag von dem Turnier berichten, welches im Lande von Lord Drake abgehalten wurde, oder wie ich wohl korrekterweise schreiben sollte: abgehalten werden sollte. Unglücklicherweise kam das Turnier nicht über die ersten beiden Wettbewerbe hinaus, aber ich sollte von Anfang an berichten.

Nachdem sich die Vorbereitungen für den Wettstreit jahrelang hingezogen hatten und einige der Lords und Ladies, die daran teilnehmen wollten, schon gehörig ungeduldig wurden, wurde dann doch zum ersten Wettkampf, dem Ringen, geladen.

Allerdings hatte Herr Drake versäumt, den Teilnehmern vorher zu sagen, da� er den Termin sehr kurzfristig anberaumen würde und da� ein jeder, der sich auch nur wenig verspäten würde, sofort aus dem weiteren Wettkampf ausgeschlossen würde. So hatte sich nur reichlich die Hälfte der gemeldeten Athleten tatsächlich in der Arena zu Waldheim eingefunden. Ich wohnte diesem Wettkampf als Zuschauer bei. Sogleich bemerkte ich das Fehlen des Turnierausrichters und Landesherren, was ich höchst befremdlich fand. Als ich Ignazius, den Vertrauten Herrn Drakes und Organisator des Turniers auf die Abwesenheit seines Dienstherren ansprach, wurde ich höchst unfreundlich gerügt und mit einer fadenscheinigen Erklärung von wichtigen Geschäften, die seinen Herren angeblich vom Besuch des Turniers abhielten, abgespeist. Sehr merkwürdig, da� Geschäfte so wichtig sein können, da� sie Herrn Drake davon abhalten, sich auf dem von ihm mit so gro�en Worten vorbereiteten Wettstreit zu zeigen.

Nunja, man einigte sich angesichts der etwas undurchsichtigen Regeln auf einen Probekampf beim Ringen, der aber nach einer recht ereignislosen halben Stunde abgebrochen wurde. Nachdem Ignazius eilig neue Regeln aufstellte, konnte der Wettkampf dann endlich beginnen. Aufgrund der fehlenden Athleten fanden viele angesetzte Kämpfe gar nicht erst statt und zuguterletzt gab es auch noch eine schwere Fehlentscheidung im Erstrundenkampf zwischen Vicomte Lucksi und Lograat. Während des Kampfes waren die Punkte falsch gezählt worden und obwohl sich sowohl beide Kontrahenten als auch das Publikum für eine Wiederholung des Kampfes aussprachen, wurde der Kampf von Ignazius willkürlich zugunsten von Vicomte Lucksi entschieden.

Der zweite Wettbewerb wurde einige Zeit später wieder in der Waldheim-Arena ausgetragen. Diesmal sollten die besten Bogenschützen gekürt werden. Nachdem auch hier wieder einige Teilnehmer aufgrund des eng gesetzten Termines den Wettkampf verpa�ten, waren zumindest die Regeln diesmal von vornherein relativ klar. Ich war wieder Zuschauer und bemerkte erneut das Fernbleiben von Herrn Drake. Angesichts der Abfuhr vom letzten Mal hielt ich mich mit Fragen zu seinem Verbleib diesmal zurück.

Beim Bogenschie�en konnten besonders die teilnehmenden Damen die Zuschauer mit ihren tollen Leistungen für sich begeistern. Allerdings gab es eine Ausnahme, nämlich Lady Frederike, die sich bei ihren Schüssen mehr durch Glück als durch Können hervortat. Bei einigen ihrer schlimmsten Fehlschüsse wurden sogar einige Zuschauer verletzt, aber es gab zum Glück keine Toten. Zum Schlu� konnten tatsächlich drei weibliche Teilnehmer die ersten drei Preise abräumen.

Zum dritten Wettkampf des Turnieres sollte es nicht mehr kommen, denn plötzlich erreichte die Ladies und Lords von Tamar eine höchst unerwartete Nachricht. Herr Drake war, von Pfeilen durchbohrt, tot in seiner Residenz aufgefunden worden. Die Spekulationen über den Mörder reichten von der Tat eines gedungenen Assasinen bis hin zu unzufriedenen Untertanen. Drakes Tod löste allerdings keine allzu gro�e Trauerwelle aus. Viele Herren sind einfach nur froh, da� er Vergangenheit ist.

Ich selbst bin auch nicht allzu betrübt über das Ableben von Herrn Drake, hat er doch meine Person und meine Arbeit an der Chronik in der Vergangenheit mehrmals scharf angegriffen. Er war sich dabei nicht einmal zu schade, übelste Beschimpfungen und Beleidigungen auszusprechen, die eines jeden Herren in seinem Stande höchst unwürdig sind. Das einzige �rgernis an seinem Tod ist für mich, das er es tatsächlich geschaftt hat, sich ohne eine angemessene Entschuldigung mir gegenüber aus dem Leben zu schleichen.

Ein weiterer Todesfall sorgte für weitaus mehr Bedauern. Baron Jinx, welcher schon längere Zeit im Exil lebte, ist leider vor einiger zeit verstorben. Nachdem ihn sein Eheweib, die holde Lady Virago, schon vor längerer Zeit aus nicht näher bezeichneten Gründen verlassen hatte, litt er wohl immer mehr unter der Einsamkeit und der Ferne zu seiner Heimat. Sehr traurig, da� Baron Jinx unter solchen Umständen seine letzten Jahre verbringen mu�te.

Eine andere Ehe scheint dagegen unter einem weitaus glücklicheren Stern zu stehen. Die Verbindung zwischen Baron Guother und Lady Veridian verläuft recht fruchtbar, denn schon wenige Jahre nach der Geburt des Stammhalters Tankred wurde den beiden nun auch noch eine Tochter mit dem wohlklingenden Namen Rajana geschenkt.

Ein weiterer Lord hat sich auf äu�erst unsanfte Art von seinem Reich auf Tamar verabschieden müssen. Lord Torkan, den ich aufgrund seines ungeschickten Umganges auf dem Felde der Diplomatie schon mehrfach hier in der Chronik erwähnte, hat sich in der Vergangenheit anscheinend zu viele Feinde gemacht. Nacheinander erklärten ihm mehrere Lords den Krieg, darunter die Herren Lucksi und Balthasar. Kurz danach überraschte Lord Torkan mit der Ankündigung, sein Reich für längere Zeit nicht selbst regieren zu können, was sein Ableben nur beschleunigte. Vicomte Lucksi und Baron Balthasar aber gerieten in ihrer Freude über die leichte Beute aneinander und im Handumdrehen hatte Lucksi Balthasar den Krieg erklärt. Da stehen uns einige unruhige Jahre ins Haus.

Tamar, im Jahre 285

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