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Die Chronik von Tales of Tamar

Jahr 370

Seid gegruesst, edle Damen und Herren!

Papst Coniglius lie� vor kurzem verkünden, da� er mit aller Härte gegen jene vorgehen will, die angeblich dem Glauben des Kathekhysmus lästern oder sich der Hexerei schuldig machen würden. Mal ganz davon abgesehen, da� mir in meinem langen Leben noch kein einziger Fall von Hexerei zu Ohren gekommen ist und dann immer noch zu klären wäre, was denn nun eigentlich eine Hexe ist und wie sich Hexerei als solche äu�ert, scheint sich der selbsternannte Papst doch sehr weit vorzuwagen mit solchen Pamphleten. Bruder Justus hat unlängst in einem öffentlichen Aushang erklärt, warum genau er den Papst für einen Schwindler hält. Nach seinen Erläuterungen war die Erscheinung der heiligen Guridh, welche Coniglius dazu bewog, sich als Papst zu erklären, nichts weiter als ein höchst unpassender Streich, den einige Mönche Coniglius spielten. Da dieser aber trotz der Tatsache, da� das Ganze nur ein Streich war, und er das auch wu�te, die Gelegenheit ergriff, sich zum obersten Würdenträger der Kathekhysmus-Kirche aufzuschwingen, hält ihn Bruder Justus für einen Schwindler und Hochstapler, der sich mit dieser Aktion mehr Macht und Einflu� sichern wollte.

Da hier Aussage gegen Aussage steht, kann man unmöglich sagen, wer nun Recht hat. Eines ist jedoch sicher; selbst wenn Coniglius nur aufgrund eines Schwindels oder Streiches zum Papst geworden ist, rechtfertigt das in meinen Augen keinesfalls, sein Kloster mit Waffengewalt zu überfallen und den Versuch zu machen, ihn umzubringen.

Lord Skröggur wandte sich an die �ffentlichkeit, weil sein Reich von den Herren Samyl und Geiserich überfallen wurde. Die Herren gaben als Grund an, da� Lord Skröggur mit den Orks paktieren würde und au�erdem ein Schiff der kaiserlichen Flotte angegriffen habe. Er habe dafür gesorgt, da� die Orks gro�e Armeen aufstellten und es dann auch noch bewerkstelligt, da� diese Orkhorden über kleine Reiche in seiner Nachbarschaft hergefallen seien. Die Angreifer blieben bisher jeden Beweis für diese geradezu lächerlichen Anklagen schuldig.

Nichtsdestotrotz hatte Kaiser Guother nichts Eiligeres zu tun, als den neuerlichen Angriff gutzuhei�en. Der Verdacht liegt nahe, da� Samyl und Geiserich mit diesem �berfall lediglich neue Ressourcen und Ländereien für das Kaiserreich erschlie�en wollten, welchem sie ja beide dienen, während Skröggur dem Kaiser eher neutral gegenüber steht. Trotz aller Proteste von anderen Regenten führten die beiden mit der Unterstützung weiterer kaisertreuer Reiche den Krieg unvermindert fort und es wäre wohl schlimm für Skröggur ausgegangen, wenn sich nicht Hilfe von ungewöhnlicher Seite gefunden hätte.

Mitten in den schlimmsten Kämpfen meldete sich die Kriegerin Elenora Dannen im Auftrage des Rats von Narum zu Wort und forderte die sofortige Einstellung aller Angriffe. Lord Skröggur ist nämlich schon seit längerem in Verhandlungen mit dem Narumschen Rat gewesen, um diesem als Vasall zu dienen. Nun wurde diese Vasallenschaft öffentlich gemacht. Elenora Dannen forderte die Angreifer ebenfalls auf, Beweise für ihre Behauptungen bezüglich der Orks auf Skröggurs Land vorzulegen, welche diese neuerlich schuldig bleiben mu�ten. wie könnten sie auch Beweise vorlegen für solcherart hanebüchenen Unsinn.

Die Tatsache, da� mancher Lord der Orks nicht jederzeit Herr wird und das verirrte Orktruppen auch kleinere Reiche in der Nachbarschaft ihres eigentlichen Zieles nicht verschonen, ist doch hinlänglich bekannt und leider nicht immer zu verhindern. Wenn man nur genau suchen würde, könnte diese Begründung auf fast jedes grö�ere Reich auf Tamar bezogen werden, was dann ja hei�en würde, das all diese Reiche das mit Absicht verfolgen und sich so zu Verbrechern gegen kleine Reiche machen würden. Da mü�te der Kaiser am Ende ja auch die Hälfte seiner guten Freunde des selben Verbrechens anklagen und sie dann zur Vernichtung freigeben. Wenn man schon über einen neutralen Gegner herfallen mu� und sich dazu auch noch des kaiserlichen Segens versichert, sollte man doch wenigstens die Mühe aufbringen, einen etwas sinnvolleren Grund für solch einen Angriff zu erfinden. Selbst in den Reihen der Getreuen des Kaisers gehen jedoch die Meinungen zum Krieg gegen Skröggur auseinander, denn wie ich aus sicherer Quelle erfuhr, haben sich ein oder sogar mehrere Angehörige des kaiserlichen Staatenbundes gegen die Rechtmä�igkeit dieses Krieges ausgesprochen.

Mittlerweile ist ein Frieden zwischen Baron Skröggur und dem Kaiserreich ausgehandelt worden. Mir ist zu Ohren gekommen, da� die Bedingungen für eine Einstellung der Kampfhandlungen gegen Baron Skröggur alles andere als gro�zügig waren. Lediglich aufgrund der Tatsache, da� er dem Ansturm mehrerer gro�er Reiche nicht mehr lange hätte standhalten können und da� er die aufrichtigen Bemühungen seiner neuen Lehnsherrin Elenora Dannen um eine Beilegung des Konfliktes nicht zunichte machen wollte, lie�en ihn den harten Bedingungen schlie�lich schweren Herzens zustimmen.

Nachdem der sogenannte Gro�inquisitor Yildraus im Auftrag des Kaiserreiches Lord Aquilar besiegt hatte, ereilte ihn nun ein unrühmliches Ende. Von einem Tag auf den anderen lagen seine Städte in Trümmern, seine Ländereien herrenlos und von ihm selbst fehlte jede Spur. Gerüchte besagen, er habe sich mit dunklen Mächten eingelassen und sei dafür hart, aber gerecht bestraft worden. Der Kaiser lie� kurz darauf verkünden, da� Yildraus vom Inquisitor des Guridh-Ordens in Haft genommen worden sei und in den Kerker geworfen wurde.

Auch ein neuer Inquisitor für das Kaiserreich war schnell erkoren. Es soll kein Geringerer werden, als der im Krieg gegen Baron Skröggur höchst unrühmlich in Erscheinung getretene Vicomte Geiserich. Nicht genug damit, da� er mit Begeisterung in den Krieg gegen Skröggur zog und auch vor dem Niedermachen tausender Unschuldiger nicht zurückschreckte, so führte er den Kampf sogar während der Verhandlungen zwischen Skröggur und dem Kaiserreich weiter. Nur höchst widerwillig und zögerlich folgte er der Order des Kaisers, die Kämpfe einzustellen. Dann brüstete er sich noch voller Stolz seiner vorgeblichen Heldentaten und seiner Freude am Kriegshandwerk, woraufhin ihn Kaiser Guother nicht nur lobhudelnd zum neuen Inquisitor ernannte, sondern auch noch bekanntgab, da� es fortan einen Orden mit dem Namen Geiserichs im Kaiserreich geben solle. Da stellt sich doch wirklich die Frage, wofür man dieses "Geiserichkreuz" wohl verleihen will, wenn nicht für besonders brutales Vorgehen gegen Armeen und Zivilbevölkerung von Gegnern des Kaiserreiches. Bezeichnenderweise ist nichts darüber bekannt, ob der Kaiser auch eine besondere Medaille für Verdienste auf dem Gebiet von Diplomatie und Friedensstiftung verleiht.

�berhaupt scheint nur wenig von dem Armand Guother übrig geblieben zu sein, der vor einigen Jahren aus seinem Altersruhesitz zurückkehrte, um die Geschicke Tamars zu wenden. Wo sind die hehren Ziele geblieben, möglichst alle Völker und Reiche unter der Regentschaft eines weisen und gütigen Kaiseres zu einen? Was ist aus den Versprechen geworden, Frieden auf Tamar zu stiften und im Sinne des unvergessenen Königs Abanor zu herrschen?

Man mag nun anführen, da� auch Abanor zu seiner Zeit Kriege führte und hart gegen seine Feinde vorging. Da aber liegt der Unterschied. Abanor bekämpfte reale Feinde, er hatte es nicht nötig, Kriege unter nichtigen Vorwänden vom Zaune zu brechen. Nirgendwo in den, zugegebenerma�en spärlichen, �berlieferungen aus der alten Zeitrechung ist die Rede davon, da� der König zur Verfolgung von irgendwelchen Hexen aufrief oder gegen Dämonen zu Felde ziehen wollte. All das Gerede von Hexen, Dämonen und Inquisition sind doch nur fadenscheinige Vorwände für einen immer gwaltsameren Weg von Kaiser Guother. Angeblich herrscht im Kaiserreich Glaubensfreiheit, aber immer öfter ist von Hexen und Ketzern in nicht kaiserlichen Reichen die Rede, welche angeblich den Glauben an Guridh und den Allvater verleugnen.

Ich habe einst dem frischernannten Kaiser Armand Guother eine Schreibfeder zum Geschenk gemacht. Dabei hatte ich die Hoffnung, da� er dieses symbolische Geschenk richtig zu deuten wei� und sich lieber diplomatischer Mittel bedient, anstatt Tamar mit Krieg und Gewalt auf seinen Weg zu zwingen. Nie hatte ich erwartet, da� er sich dazu herablassen würde, solche wirren und fanatischen Pamphlete zu verfassen, welche immer deutlicher nur eines zeigen: Die einzigen Dämonen, welche Armand Guother bekämpfen mu�, befinden sich in seinem Geist.

Lady Altair, von welcher ich im letzten Chronikeintrag berichtete, mu�te ihre mit spitzer Zunge vorgetragenen Reden gegen allerlei alteingesessene Reiche schlie�lich teuer bezahlen. Nachdem es einige Zeit so schien, als würde Lord Egbert sie nicht mehr beachten, stürmte dieser unverhofft mit starken Armeen in ihr kleines Reich und vertrieb die Lady schlie�lich. Obzwar sie mittlererweile eine neue Siedlung unter ihrer Regentschaft hat, gebe ich ihr kaum mehr Aussicht auf Erfolg, da Lady Altair offenbar beschlossen hat, ihr Temperament nicht zu zügeln, sondern stattdessen mit noch frecherer Zunge und spitzerer Feder sich in allerlei Dinge einzumischen, die sie eigentlich nichts angehen. So sehr ich die erfrischenden Kommentare der Lady in den letzten Jahren schätzte, so sehr fürchte ich, da� sie durch ihren Mangel an Feingefühl und ihr allzugro�es Mitteilungsbedürfnis schon allzubald in neuen Schwierigkeiten stecken wird. Ein bisher kaum in Erscheinung getretener Lord mit Namen Gygax trat kürzlich ins Licht der �ffentlichkeit, als er einen Bund unabhängiger Reiche ins Leben rief. Zwar ist mir au�er seinem Namen, "Bund der wei�en Rose", nur recht wenig über diesen Staatenbund bekannt, aber es ist wohl der Versuch, eine Vereinigung hauptsächlich kleinerer Reiche zu schaffen, welche sich ihre Unabhängigkeit bewahren wollen. Besonders angesichts der starken Verknüpfung von Guridh-Orden und Kaiserreich und der damit verbundenen Machtkonzentration wollen diese Reiche einen losen Bund darstellen, in welchem sich alle Mitglieder gleichberechtigt in Freundschaft beistehen.

Tamar, im Jahre 370

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